Im Luzerner BaBeL-Quartier teilen sich Menschen mit 80 verschiedenen Nationalitäten den Wohn- und Gewerberaum und das Wenige an öffentlichen Räumen, das die enge Schneise zwischen Gütsch und Reuss hergibt. Der Quartiertreffpunkt Sentitreff gestaltet hier neben vielem anderen auch niederschwellige, regelmässig stattfindende Bewegungs- und Sportangebote, die Migrantinnen und Migranten untereinander und mit der einheimischen Bevölkerung in Kontakt bringen.
Seit nunmehr vier Jahrzehnten leistet der Verein Sentitreff in Luzern wichtige soziokulturelle Pionierarbeit. Das emsige Wirken in diesem kleinen Multi-Kulturzentrum schafft Raum für die Entfaltung der Potenziale, Talente und Ideen von über hundert freiwillig engagierten Personen – und Gelegenheiten, sich gemeinsam mit anderen einzubringen für eine Gesellschaft, in der man sich auf Augenhöhe begegnet und in der niemand zurückbleibt.
Zum Angebot gehört auch ein Bündel an Projekten an der Schnittstelle von Bewegung und Integration. Sie führen Menschen aus sozialer Isolation zu gesellschaftlichen und sportlichen Aktivitäten und leisten einen wichtigen Beitrag zu psychischer und körperlicher Gesundheit. Marina Hauser, im Sentitreff in Ausbildung zur soziokulturellen Animatorin, ist verantwortlich für die wöchentlichen Zumba- und Yoga-Lektionen, die von ehrenamtlich engagierten Frauen geleitet werden. «Es sind Kontexte für Frauen aus aller Welt, um sich in Gemeinschaft sportlich zu betätigen», sagt sie. «Sie schaffen kleine Oasen zur Stärkung der Resilienz in einem sehr herausfordernden Alltag.»
Nazar Tazik hat seinerzeit den Schwimmkurs für Migrant:innen absolviert, den der Sentitreff seit über zehn Jahren anbietet – anfänglich spezifisch für Frauen, seit zwei Jahren auch separat für Männer. Mittlerweile leitet sie den Kurs zusammen mit drei Schwimmlehrpersonen. «Es geht um viel mehr als das Erlernen von Techniken der Fortbewegung im Wasser. Letztlich machen die Frauen hier wichtige Erfahrungen der Unabhängigkeit und Autonomie, finden einen Raum, wo sie sich in ihrer Selbstbestimmung wechselseitig bestärken können.» Dass damit auch Spielräume der Freizeitgestaltung und gesellschaftlichen Teilhabe geöffnet werden, macht Şebnem, eine der Teilnehmerinnen deutlich: «Am meisten freue ich mich, wenn ich im Sommer mit meinen Kindern ohne Angst an den See gehen kann.»
Sprachlich oder kulturell bedingte Unsicherheiten bilden bisweilen Hindernisse für Menschen aus der Migrationsbevölkerung, sich selbständig in Naherholungsgebiete oder zu weiter entfernten Zielen in der natürlichen Umgebung zu wagen. Dabei wäre gerade im von Verkehr und schattigen Häuserzeilen geprägten BaBeL-Quartier das Bedürfnis nach Begegnung mit – und Erholung in – der Natur besonders gross. Der Outdoor- und Erlebnispädagoge Philipp Drexler wohnt selber im Quartier. Er hat unlängst für den Sentitreff mit geflüchteten Menschen zusammen eine Exkursion in die Bergwelt durchgeführt, wo gemeinsam gekocht, getüftelt und gebaut wurde. «Geteilte Erfahrungen im Umgang mit den Ressourcen der Natur stiften Verbindungen über kulturelle Differenzen hinweg», sagt er. «Und wandernd in den Bergen erfährt man sich ohnehin als Gemeinschaft.»
Es gibt viele Gelegenheiten, Bewegung und Begegnung zusammenzudenken. Sie im interkulturellen Kontext zu pflegen, ist eine gemeinsame Aufgabe, der sich der Sentitreff gerne verschreibt.
Weitere Infos: www.sentitreff.ch